Eigentlich ist Digital Empowerment ein offenes IT-Lernangebot für geflüchtete Frauen. Doch immer wieder spielen auch Gesundheit, Sport und innere Balance in unseren Trainings eine große Rolle. Irgendwann kommt das Thema Schwimmen auf. Doch das haben die Frauen in ihrer Heimat Syrien, Afghanistan oder Iran nie gelernt. Deswegen wollen wir gemeinsam ins Schwimmbad gehen.
Ein großer Schritt ins (kalte) Wasser
An einem Sonntag im November treffen wir uns mit den Frauen vor dem Neuköllner Stadtbad. Birgit*, die Schwimmlehrerin, holt uns an der Kasse ab und wird uns während des gesamten Schwimmbadbesuchs begleiten. Sie wird mit ihrer ruhigen und freundlichen Art maßgeblich zur guten Atmosphäre beitragen.
Ins Wasser zu gehen, im Wasser loszulassen, hat viel mit Vertrauen zu tun. Keine leichte Übung für Frauen, von denen viele über das Mittelmeer geflüchtet sind, die bei Wind und Wetter in überfüllten Booten ausgeharrt haben, voller Angst um sich und ihre Kinder.
Da braucht es auch in einem Berliner Schwimmbad viel Mut, den ersten Schritt zu tun. Deshalb beginnt Birgit mit einer Atemübung an Land: „Durch den Mund einatmen, durch die Nase ausatmen.“
Mit diesem Wissen geht es ins Nichtschwimmerbecken. Dort sollen die Frauen „ein Loch ins Wasser pusten.“ Bis zur Brust stehen sie im Wasser, beugen den Kopf nach vorne, atmen durch den Mund ein und unter Wasser durch die Nase wieder aus. Und noch einen Schritt weiter trauen sie sich – unter Anleitung der Schwimmtrainerin: Der Kopf bleibt unter Wasser, mit den Beinen stoßen sie sich vom Boden ab – und gleiten. Was für ein Gefühl …
Die (fast) perfekte Welle

Die nächste Übung ist eine Partnerinnenübung: Eine Frau liegt mit dem Bauch auf und mit dem Gesicht im Wasser, die andere Frau zieht sie rückwärts und mit ausgetreckten Armen durchs Becken. Und in der dritten Übung klemmt sich jede Frau eine Poolnudel unter die Arme und gleitet allein voran, mit dem Gesicht über Wasser.
Während der ganzen Zeit sind die Frauen unter sich; werden nicht von Fremden beobachtet oder gestört. Sie fühlen sich wohl in diesem geschützten Raum und haben im Laufe der Stunde Amira*, die anfangs die größte Angst hatte, zum Schluss nicht mehr aus dem Wasser will und immer wieder untertaucht. Einige Frauen wären gerne noch viel länger geblieben, aber auch als Schwimmkursgruppe haben wir nur ein begrenztes Zeitfenster.

Trotzdem haben die Teilnehmerinnen einen guten Eindruck davon bekommen, wie so ein Schwimmkurs aussehen kann und in welchem Rahmen er abläuft. Kein Wunder, dass ihr Feedback sehr positiv ist. Und Djamila* hat sich direkt mit Tochter und Schwester für den nächsten Anfängerinnen-Schwimmkurs der Berliner Bäderbetriebe angemeldet.
Mehr Informationen über das Projekt Digital Empowerment
* Name geändert
Text: Elisa Marchese, Sabine Matthies, Ruth Warkentin
Das Projekt DIGITAL EMPOWERMENT AND INFORMATION ACCESS FOR REFUGEE WOMEN wird gefördert aus Mitteln der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, Abteilung Frauen und Gleichstellung.