In der zweiten Sessionsrunde diskutierten die Teilnehmerinnen über Onlinetools für virtuelle Zusammenarbeit, lebenslanges Lernen, Vernetzung, Kompetenz und Gewalt in der digitalen Welt.
Onlinetools für Teamwork
Wenn mehrere Leute in einem Projekt arbeiten, ist es sehr hilfreich, alle Dokumente an einem Ort zu haben, schnell Infos auszutauschen ohne zu viel mailen zu müssen und schnell zu entscheiden. Vor allem dann, wenn man nicht in einem Raum sitzt. Die Onlinemedien-Beraterin Dr. Karin Windt stellte mehrere Programme und Apps für die virtuelle Zusammenarbeit vor.
Clouds statt Brieftauben
GoogleDrive, die iCloud und andere virtuelle Speicherorte sind vielen Menschen ein Begriff. Nicht ganz so viele wissen, dass diese Dienste von amerikanischen bzw. nichteuropäischen Anbietern gestellt werden und damit nicht dem relativ strengen deutsch/europäischen Datenschutz unterliegen. Doch es gibt Alternativen.
Suchmaschinen: schnüffeln verboten
Schon mit der ersten Suchanfrage werden meistens Daten gesammelt. Um dem vorzubeugen, solltest du nichtschnüffelnde Suchmaschinennutzen, z.B. startpage.com, duckduckgo oder metager nutzen. Sie mögen nicht schick aussehen, erfüllen aber ihren Zweck, denn sie tracken nicht, speichern keine Nutzer*innendaten, blockieren Werbetracker und haben einen offenen Quellcode.
You drive me crazy
Natürlich ist es großartig, mit mehreren Leuten gleichzeitig in einem Dokument zu schreiben. Doch zu welchem Preis? Egal, ob GoogleDrive oder OneDrive von Microsoft: Eure Daten werden gesammelt und können unter bestimmten Umständen genutzt und veröffentlicht werden. Zum Teil werden die Daten automatisiert durchsucht, "um Kinderpornografie oder anderen Missbrauch ausfindig zu machen". (Quelle: Wikipedia)
Karin Windt empfiehlt stattdessen Etherpads zu nutzen, also webbasierte Texteditoren. Auch hier geht es nicht um schönes Layout, sondern um Funktionalität und Datensicherheit. Viele NGO bieten kostenlose Etherpads an, man kann sie aber auch auf dem eigenen Server installieren. Ein "unkommerzieller Anbieter für datenschutzfreundliche Kommunikation. Ganz ohne Überwachung" sei systemli.org.
Trali trala Trello
Für kleine bis mittelgroße Projekte empfiehlt die Onlinemedien-Beraterin die Projektmanagement-Software Trello. Kostenlos können Boards, Listen und Karten erstellt werden, man kann einen Redaktionsplan aufbauen, Termine zuweisen, in Gruppen arbeiten und Anhänge hochladen – synchronisiert über alle Geräte. Weitergehende Funktionen sind kostenpflichtig.
Slack ist ein US-amerikanischer Instant-Messengerdienst. Die webbasierte Software wird vor allem zur Teamkommunikation und schnellen Absprache genutzt und funktioniert gut mit Trello. Kommuniziert wird in öffentlichen und geschlossenen Kanälen sowie in Privat- oder Gruppennachrichten. Eine Diskussion lückenlos zu verfolgen sei durch die genannten Verzweigungen aber schwierig bis unmöglich.
Ein anderer digitaler Workspace ist just.social. Hier findet man News, Chats, Dateien, Aufgaben, Wiki, Verzeichnisse. Für bis zu zwölf Nutzer*innen und max. 5 GB Speicher ist die Anwendung kostenlos.
Eine gute, aber kostenpflichtige Alternative sei, so Karin Windt, die deutsche Software Taskworld.
Kannst du mich hören?
Skype ist toll, keine Frage. Doch das Kommunikationstool für kostenlose Anrufe und Chats gehört eben auch zu Microsoft. Als Alternative schlägt Karin Windt Zoom vor, um Gespräche auch aufzuzeichnen und gg.falls in einem Podcast zu veröffentlichen. Die kostenlose Basisversion bietet unbegrenzte Besprechungen zu zweit, 40-minütige Gruppenbesprechungen, Video- und Webkonferenzfunktionen, Zusammenarbeit in Gruppen.
Karins Empfehlung: "Du musst nicht alle Tools verstehen und anwenden. Beschäftigte dich rund eine halbe Stunde mit einem neuen Thema, um dir einen Überblick zu verschaffen. Doch egal, welche Tools du für die Zusammenarbeit nutzt, einige dich mit deinen Kolleg*innen im Vorfeld darüber, welche Kanäle ihr für welche Themen verwendet wollt und haltet euch daran. Damit keine wichtigen Informationen untergehen, weil ihr im falschen Medium unterwegs seid. Teilt besser alle Informationen einigen wenigen Kanälen als häppchenweise in allen."
BELGUT – Das bedingungslose Lernguthaben
„Wir sind mitten in einem Kulturwandel: Job for life – Life for Jobs. Das Bildungssystem muss komplett überarbeitet werden, damit wir in ständig wechselnden Arbeitsverhältnissen lernen und arbeiten können.“
Mit dieser These begann Dr. Anja C. Wagner aka @frolleinflow ihren Sessionvortrag.
Der Fokus liegt dabei für sie auf dem bedingungslosen Lernguthaben (BELGUT). Damit habe jede*r ein Instrument, um sich den wandelnden Rahmenbedingungen anzupassen.
Kernfragen
- Wie gelingt dem „abgehängten“ Prekariat der Übergang/Eingang in niedrigschwelligen Bereich?
- Wie kann soziale Arbeit digitales Lernen besser integrieren?
- Was bedeutet bedingungslos?
- Wie können wir in dieser Umbruchsphase unabhängig bleiben und dafür sorgen, dass der Weiterbildungssektor nicht (weiter) privatisiert wird?
- Wer kann wissen, was wir lernen müssen?
Die Diskussion war sehr angeregt und ging in kurzer Zeit in sehr unterschiedliche Richtungen. Die Teilnehmerinnen berichteten von ihrem eigenen Background z.B. als Bildungsberaterin oder Betriebsrätin. Zum Schluss planten die Frauen konkrete Schritte und politische Forderungen:
- Bei der Neuauflage der Bildungsprämie müssen neue Rahmenbedingungen mehr in den Blick genommen werden (Teilnehmerinnen wollen sich an Programmverantwortliche wenden)
- Mail an Senat mit dem Vorschlag: BELGUT als Projekt für die Mitarbeiterinnen der Berliner Frauenprojekte
- Niedrigschwellige Angebote müssen erhalten bleiben
- Coaching und Beratung müssen gestärkt und breiter anerkannt werden
- Auch in den Weiterbildungen muss Lernen anders gedacht werden, die Angebote müssen neu konzipiert werden
Highlights/Überraschungen
- Machtkampf zwischen "alten" und "neuen" JC/BA-Berater*innen
- Politik: Angst vor Bedingungslosigkeit
- Betriebliche Weiterbildung: Männer im Vorteil
- Bedeutung der sozialen Arbeit: Digitalisierung
- Rahmenbedingungen für gutes lebenslanges Lernen
Nächste Schritte
- Mail @ Neuauflage Bildungsprämie
- Modellprojekt Berliner Frauenprojekte: MA Belgut @ Senat
- Beratung/Coaching stärken
- niedrigschwellige Angebote
- Neukonzeption
Erfolgsteams WOL, Mastermind und Co. – Vernetzung in digitalen Zeiten
Welche digitalen Kompetenzen brauchen wir?
Für Sessiongeberin Sibylle Würz @edunista sind die Kernfragen klar: Was ist digitale Kompetenz und wie kann sie gefördert werden?
Schnell stellen die Teilnehmerinnen fest, dass digitale Kompetenz in den unterschiedlichen Altersstufen anders aussieht. Das habe auch mit einem unterschiedlichen Grundverständnis für Technik zu tun.
Jeder Mensch solle sich bewusst sein, dass es digitale Rechte gibt, die eingefordert werden können.
Online mündig zu sein, bedeutet
- Solidarität: eigenverantwortlich und legal und solidarisch handeln
- Mut: sichtbar werden auch im Austausch mit anderen
- Lernbereitschaft: als lebenslang Lernende zu handeln
- Kritisches Denken: technologisch, soziologisch, ökonomisch und politisch
- Fehlerkultur: mit anderen offen über Fehler reden
- Geschlechtersensibilität
- Fähigkeit zu verschlagworten
- Netiquette: respektvoller Umgang miteinander
Digitale Kompetenz kann sich entwickeln, wenn
- technische Infrastruktur vorhanden ist
- Sinnhaftigkeit gegeben ist (psychologische Perspektive)
- eine digitale Grundbildung vorhanden ist
- Fehlerkultur gelebt wird. Denn es ist nicht das nur das Problem der einzelnen Person, wenn bestimmte Kompetenzen nicht entwickelt werden.
Nächste Schritte
- Weiterbildung/Schulbildung
- Auf der politischen Ebene beteiligen sich vielfältige Player, um Raum für Weiterbildung und Entwicklung von Kompetenzen für die digitale Welt zu ermöglichen
- Medienkompetenzen werden durch School-Learning und Workplace-Learning, gemeinsames Lernen an dritten Orten sowie durch niedrigschwellige Angebote für die Bevölkerungsgruppe 50+ entwickelt
- Niedrigeschwellige Angebote könnte es geben an Mediatheken. Medienkoffer sollten zur Verfügung gestellt werden
- Insbesondere sollen Angebote entwickelt und Lernorte zur Verfügung gestellt werden, bei denen die Technikaffinität von Mädchen/Frauen gefördert wird.
- Das Digitale über Analoges lernen z. B. durch Visualisierung
- Motto für Kompetenzen für die digitale Welt: “Fehler gehören zu den Verpflichtungen, mit denen man für ein vollwertiges Leben bezahl.t”
Sibylles Fazit: Digitale Kompetenz ist eine Basisfähigkeit, für deren Entwicklung es Raum und Zeit in Arbeit und Schule bedarf. Es liegt nicht nur an der einzelnen Person, ihre digitale Kompetenz zu entwickeln. Auch auf der politisch-gesellschaftlichen Ebene muss dafür Raum gegeben werden.
Digitale Gewalt gegen Frauen
Die Netzaktivistin Anne Roth @annalist beschäftigt sich schon lange mit dem Thema "Digitale Gewalt"und stellte in ihrer Session unterschiedliche Erscheinungsformen vor: Hate Speech, Online Mobbing, Stalking, Ausspionieren durch Smart Devices.
Technisch basierte Gewalt gegen Frauen sei ein von Politik und Wissenschaft unterschätztes und wenig beachtetes Problem.
Während das Thema international präsenter ist, sei in Deutschland rechtlich unklar, ab wann digitale Gewalt als Straftatbestand zu werten ist. Die Polizei sei nicht geschult und oft keine Hilfe. Hier sei Bildungsarbeit auf vielen Ebenen absolut wichtig.
Auch deswegen sammelt Anne Roth Beispiele, um mit konkreten Fällen in politische Diskussionen zu gehen. Die Teilnehmerinnen diskutieren angeregt über die Dimension des Problems, über Möglichkeiten, digitaler Gewalt vorzubeugen und sie zu bekämpfen kann. Und darüber, welche guten Beispiele es bereits gibt.
Empfehlungen
Keine Kleinigkeit (App, mit der Frauen anonym sexuelle Belästigung im Alltag sichtbar machen können)
Frauen gegen Gewalt (Website zum Thema digitale Gewalt)