Porta – Medienkompetenzen und Work-Life-Balance für den beruflichen Wiedereinstieg ist ein kostenfreies und flexibles Lern- und Orientierungsangebot für Frauen, die ihren beruflichen Werdegang wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen unterbrochen haben. Die Teilnehmerinnen können sich in diesem Projekt neu orientieren und auf den beruflichen Wiedereinstieg vorbereiten.
Ziele
Ziel der Qualifizierung mit unterschiedlichen Begleitangeboten ist eine praxisnahe, auf die individuellen Bedürfnisse der Teilnehmerinnen zugeschnittene erfolgreiche Vermittlung von
- aktuellem IT-Know-how
- grundlegende Bürokommunikationsfertigkeiten
- kritische Medienkompetenz
- zielgruppenrelevante Informationen zu Arbeitsplatz und Work-Life-Balance
Zentrale Begleitinhalte dieses individuellen Lernangebots sind Kompetenzbilanz, -entwicklung und -darstellung, Bewerbungstraining, Ergonomie sowie ein professionelles aktivierendes individuelles Coaching für jede Teilnehmerin. Darüber hinaus werden die TN während der gesamten Projektlaufzeit sozialpädagogisch begleitet. Erreicht werden soll, dass die Frauen langfristig erfolgreich ins Erwerbsleben zurückkehren.
Besonderheiten
Das FCZB hat bereits 2008 eine profunde Analyse zur Situation Berufliche Weiterbildung von Frauen mit Behinderungen in Berlin vorgelegt. Diese Studie wurde im Auftrag der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales erstellt und 2015 aktualisiert. Analyse, Studie und die daraus resultierenden Handlungsempfehlungen sind Grundlage für das Projekt Porta.
Viele Frauen, die mit einer Behinderung leben, müssen oder wollen (weiter) berufstätig sein. Veränderungen oder neue Anforderungen am Arbeitsplatz und deren Bewältigung bedürfen in der Regel einer Weiterbildung oder/und einer beruflichen Neuorientierung. Doch klassische Weiterbildungsmethoden in herkömmlichen Arrangements sind aus gesundheitlichen Gründen oder wegen der Anforderungen des Berufsalltags nicht geeignet. Gleichzeitig heißt es im Sozialgesetzbuch, Frauen mit Behinderungen die gleichen Chancen im Erwerbsleben zu bieten – insbesondere durch in der beruflichen Zielsetzung geeignete, wohnortnahe und auch in Teilzeit nutzbare Angebote (§ 33 des SGB IX bzgl. der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben).
Berliner Frauen mit Behinderungen sind mehrfach benachteiligt: Sie sind in geringerem Umfang erwerbstätig als Männer mit Behinderungen, häufig in Teilzeit oder prekär beschäftigt bzw. erwerbslos oder nicht erwerbstätig. Häufig arbeiten sie unter ihrem Qualifikationsniveau und verdienen weniger Geld als Männer
Auch im Bereich der beruflichen Weiterbildung sind Frauen mit Behinderungen deutlich unterrepräsentiert. Das kann auch daran liegen, dass solche Weiterbildungen nicht finanziert werden, wenn die Frau vorher nicht berufstätig gewesen ist – was bei Frauen mit Behinderungen häufiger vorkommt. Auch Frauen mit Migrationshintergrund erhalten seltener eine FbW-Förderung als Frauen ohne diesen Hintergrund. Das bedeutet für Frauen mit Migrationshintergrund UND Behinderung eine Kumulation des Problems.
Ablauf/Aktivitäten
Das Projekt ist eine Kombination von Präsenz- und Online-Lernen (E-Learning/Blended Learning) und damit eine effiziente, flexible, praxisnahe und konkret auf den Bedarf der Betroffenen abgestimmte Weiterbildungsmöglichkeit: Die Teilnehmerinnen können sich ihre Zeit frei einteilen und von zu Haus oder vom Arbeitsplatz teilnehmen. Und während der Präsenzzeiten können sich mit anderen Teilnehmerinnen vor Ort austauschen, miteinander diskutieren und motivieren.
Die Inhalte der IT-Module werden großteils online vermittelt. Die Teilnehmerinnen wählen die für sie (berufs)relevanten Inhalte individuell aus und lernen bei freier Zeiteinteilung und in eigenem Lerntempo. Sie werden von einer erfahrenen Online-Trainerin begleitet, die sowohl das selbstorganisierte Lernen (SOL) auch das Gruppenlernen fördert. Die modulare Form mit wiederholenden Inhalten und begleitetem Online-Lernen ermöglicht den Teilnehmerinnen, auch nach einer gesundheitlich bedingten Unterbrechung problemlos wiedereinzusteigen und die Lerneinheit erfolgreich abzuschließen.
Die Kombination verschiedener adäquater Lernformen und -methoden – Blended Learning, Learning on Demand, selbstorganisiertes Lernen, Peer-Learning – zielt auf einen nachhaltigen Nutzen im Gesamtrahmen einer konstruktivistischen gender- und diversity-orientierten Didaktik, die insbesondere den (berufs-)biografischen Hintergrund der Teilnehmenden einbezieht. Dadurch kann auf individuelle Vorkenntnisse und Rahmenbedingungen eingegangen und somit die Chancen auf Teilnahme am Erwerbsleben für jede Einzelne erhöht werden.
Die durchschnittliche Lernzeit pro Teilnehmerin beträgt 25 Stunden pro Woche. Aus didaktischen Gründen beträgt die maximale Gruppengröße 15 Teilnehmerinnen. So kann das Zusammengehörigkeitsgefühl und der Austausch miteinander gefördert werden. Gerade für diese Zielgruppe ist das Gruppengefühl ein wichtiges Element. Viele Teilnehmerinnen haben sich durch ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen vor Beginn der Weiterbildung sozial isoliert gefühlt. Hier lernen sie, sich die gesamtgesellschaftlichen Strukturen bewusst zu machen, die zu der mehrfachen Benachteiligung führen. Und sie lernen, sich Handlungsoptionen zu erarbeiten, um die Isolation zu durchbrechen und wieder selbstbestimmt am sozialen Leben teilzunehmen.
Kooperationen
Um die Zielgruppe und das Projektziel, die Ermöglichung einer (dauerhaften) existenzsichernden Teilhabe am Erwerbsleben zu erreichen, ist eine intensive Zusammenarbeit mit diversen Akteur_innen aus der Wirtschaft, mit Institutionen und Projekten entscheidend. Dazu gehören u.a. Berliner Frauenprojekte, Frauenberatungsstellen, beruflichen Beratungseinrichtungen (Jobassistenz, JobPoints, Lernläden etc), Träger der Leistungen zur beruflichen Rehabilitation, Integrationsdienste, Reha/SB-Teams der Jobcenter und Selbsthilfeorganisationen (u.a. „Netzwerk behinderter Frauen e.V.“ und „RuT – Rad und Tat e.V.“).
Ergebnisse und Erfolge
Nach wie vor existieren sowohl in Berlin als auch bundesweit zu wenige flexibel ausgerichtete Weiterbildungen, die die besonderen Lagen von Frauen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen adäquat berücksichtigen.
Seit 2003 entwickelt das FCZB regelmäßig modulare Teilzeit-Qualifizierungsangebote für Frauen mit Behinderungen bzw. gesundheitlichen Einschränkungen und führt diese durch. Das erste Angebot – im Rahmen der EU-Gemeinschaftsinitiative EQUAL – umfasste ein modulares Lernsetting für Frauen mit Krebserkrankungen.
Seitdem werden in den Angeboten für die Zielgruppe Medienkompetenzen und Internet-Know-how mit Themen der beruflichen (Neu-)Orientierung und Work-Life-Balance verbunden. Im Laufe der Jahre wurde das Weiterbildungskonzept zielgruppenorientiert didaktisch weiterentwickelt. Die Einführung einer Kombination von Präsenz-Lernen mit begleitetem E-Learning schuf ein hohes Maß an Wahlmöglichkeit und Flexibilität bezüglich individuell präferierter oder notwendiger Lernzeiten, Lernformen und Lerninhalte.
2007 wurde das FCZB für den innovativen Ansatz des Projektes „Medienkompetenzen für Frauen mit Behinderungen aufgrund von Krebserkrankungen“ mit dem 1. Preis im Wettbewerb „Wege ins Netz 2007“ ausgezeichnet, „weil es dem FrauenComputerZentrumBerlin äußerst sensibel gelungen ist, die Bedürfnisse dieser Zielgruppe anzugehen“ (aus der Begründung der Jury).
Im Januar 2012 begann das Angebot Medienkompetenz und Work-Life-Balance – Wiedereinstieg für Frauen. 80 Teilnehmerinnen mit unterschiedlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen nutzten bis Juni 2015 die Möglichkeit, im Projekt grundlegendes oder fortgeschrittenes IT-Know-how zu erwerben, um sich nach krankheitsbedingter Unterbrechung auf den beruflichen Wiedereinstieg vorzubereiten oder sich neu zu orientieren.
In allen FCZB-Angeboten für diese Zielgruppe lag die Zahl der Interessentinnen weit über der Zahl Fortbildungsplätze. Das liegt auch daran, dass die Teilnehmerinnen die individuellen und sehr flexiblen Bildungsformate sehr schätzen; denn diese räumen viele Barrieren aus dem Weg, die Frauen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen häufig daran hindern, an einer Weiterbildung teilzunehmen.
Die abschließende Projektevaluation hat ergeben, dass die Kombination aus flexiblem Lernsetting, modularer Aufbau und Blended Learning ein wichtiges Entscheidungskriterium ist, warum Frauen an der Weiterbildung teilnehmen und dauerhaft verweilen.
Auch die individuellen Begleitmodule (z.B. Coaching) haben die Teilnehmerinnen als besonders zielführend wahrgenommen wurden.
Das Projekt Porta – Medienkompetenzen und Work-Life-Balance für den beruflichen Wiedereinstieg wird gefördert von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, Abteilung Frauen und Gleichstellung aus Mitteln des Landes Berlin.