IT-Training für Frauen mit Fluchtbiografie

Erfahrungsbericht aus unserem FCZB Team – zu Besuch bei einer unserer MIKADO-Trainer*innen (Hospitation):
Ich bin heute in Augsburg zu Gast bei „Tür an Tür e.V. und dem Projekt Take Off! (im Förderprogramm My Turn)“ und darf dabei zugucken, wie Isadora ein IT-Training für Frauen mit Fluchtbiografie durchführt.
Ich fühle mich sofort wohl. Isadora empfängt die Teilnehmenden und mich sehr warmherzig. Sie begrüßt jede Person, die neu in den Raum kommt mit „Willkommen!“, fragt: „Wie geht’s dir?“. Sie würdigt, dass sich die Anwesenden für das Training Zeit nehmen. Es gibt Tee und eine Teilnehmerin verteilt selbstgebackene Kekse. Alle überlegen gemeinsam, aus welcher vorherigen Gruppe sie sich schon kennen könnten. Isadora selbst hat 2023 ein Mikado-Training im FCZB durchlaufen.
 

 

Digital Empowerment für mehr Unabhängigkeit

Dann beginnt die Trainingseinheit mit einer Vorstellungsrunde. Die Teilnehmenden beantworten die Fragen: „Wie heißt du und wer bist du? Hast du am Computer geübt? Welche Sprachen sprichst du?“ und Isadora sagt, worum es heute gehen soll: „Wir machen Dinge, die wir schon geübt haben. Ein bisschen schwieriger.“ Bisher hat keine der Teilnehmenden alleine einen Lebenslauf in Deutschland geschrieben. „Mein Ziel ist, dass ihr das alleine könnt.“ Die Gruppe spricht darüber, dass es wichtig ist, selbstständig zu sein und nicht abhängig von anderen. Isadora lächelt: „Wir sind uns also einig, das Training ist wichtig.“

Dann geht es inhaltlich los: Alle tragen zusammen, was in einen Lebenslauf gehört. Isadora hängt bunte Kärtchen mit den genannten Begriffen an die Tafel und sortiert sie so, wie sie auch im Lebenslauf vorkommen. Später wird Isadora aus dem Tafelbild ein Handout für die Teilnehmenden anfertigen.

Mich beeindruckt sehr, dass sie die ganze Zeit leichte Sprache verwendet und Fachbegriffe so verständlich erklärt: Für Auszeichnungen findet sie das Wort Preise. Bildungseinrichtungen erklärt sie mit Schulen. „Arbeitserlaubnis vorhanden“ ist ein „schicker Begriff für nur Arbeitserlaubnis“. Dass den Teilnehmenden die spezifischen Fachbegriffe nicht viel sagen, findet Isadora herausfordernd.
 

Lebenslauf selbstbestimmt

Als nächstes wählen die Teilnehmenden aus zwei Vorlagen eine aus und beginnen, die Lebensläufe zu überarbeiten, die zum Beispiel in einer Beratungsstelle für sie angefertigt worden waren. Alle sollen den bestmöglichen Lebenslauf schreiben und verschicken können. „Mir ist das wichtig. Und ihr entscheidet alleine, was ihr in euren Lebenslauf schreibt.“ Isadora erzählt, dass die Frauen auf Grund von gesellschaftlicher Benachteiligung (also Antimuslimischem Rassismus, Sexismus und anderen Diskriminierungsformen) einen sehr defizitären Blick auf sich und ihre Fähigkeiten haben und es ihnen schwerfällt, aufzulisten, was sie gut können. Die Lebensläufe, die sie haben, seit sie in Deutschland sind, wurden oft von Beratungsstellen innerhalb kurzer Zeit für sie erstellt, was eine Fremdbestimmung darstellt. Manchmal fehlen zudem wirklich wichtige Informationen, zum Beispiel, dass sie in ihrem Herkunftsland studiert haben. Für Isadora steht fest, dass Empowerment nicht erst das Ziel im Training sein kann, sondern die Grundlage sein muss, auf der alles andere aufbaut.

Immer wieder gibt Isadora hilfreiche Tipps: Wenn sie den Namen der Grundschule, die sie besucht haben, nicht kennen, können sie zum Beispiel „Grundschule, Stadt xy, z.B. Irak“ schreiben. Ein absolviertes Praktikum sollen sie unter den Punkt Berufserfahrung schreiben, ihre Telefonnummer und E-Mail-Adresse am besten fett markieren und bei Familienstand zum Beispiel „Mutter von drei Kindern, Betreuung gesichert“ schreiben. Außerdem weist sie alle darauf hin, dass sie kein Foto von sich einfügen und „Geburtsdatum“ sowie „Geburtsort“ nicht angeben müssen.
 

 

„Einfach Ausprobieren – es geht nix verloren“

Isadora ermutigt die Teilnehmenden, es einfach auszuprobieren: „Keine Panik, wenn etwas falsch ist. Einfach rückgängig machen, es geht nichts verloren.“ und „Wenn ihr unsicher seid: Ein- und Ausatmen hilft.“ Es ist klar, dass hier alle so viel es geht lernen sollen in einer Atmosphäre, in der Fehler etwas Positives sind.
Am Ende fassen die Teilnehmenden zusammen, was beim Lebenslauf schreiben wichtig ist und Isadora gibt einen Ausblick aufs nächste Mal. Ein paar Teilnehmende möchten gerne zu Hause weiterarbeiten und dürfen Geräte mitnehmen. Sie packen die Chromebooks in Taschen, die extra dafür von Menschen genäht wurden, die ehrenamtlich für „Tür an Tür e.V.“ arbeiten.
Danke für deine tolle und wichtige Arbeit, Isadora!

 


 

Das Projekt MIKADO open up – MULTIPLIKATOR*INNEN-SCHULUNG DIGITAL EMPOWERMENT wird gefördert aus den Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, der Beauftragten der Bundesregierung für Antirassismus.

Logo: Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration. Die Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus