Bei der Gestaltung und Planung des Straßenverkehrs kommt es auf mehrere Dinge an: größtmögliche Sicherheit, reibungsloser Verkehrsfluss, realisierbare Umsetzung und die Berücksichtigung der tatsächlichen Bedürfnisse der vor Ort lebenden Bürger*innen. Mit unserem Projekt INSPIRER setzen wir uns für die aktive Einbindung der Bevölkerung ein. Und zwar mit dem Gebrauch von VR-Brillen. So können Bürger*innen erstmalig Neuerungen im Straßenverkehr begehen und erleben, bevor diese überhaupt gebaut werden. Das wiederum bietet die Chance, dass das Feedback und die Ideen von Menschen, die von der Umgestaltung direkt betroffen sind, in die Planung miteinfließen können.
Von der Kreuzung zum Kreisverkehr in wenigen Sekunden
Erprobt wurde die dafür extra entwickelte VR-Technologie in unserer Projektpartnerstadt Fellbach: Hier soll die viel befahrene Kreuzung Esslinger Straße / Untertürkheimer Straße in einen Kreisverkehr umgewandelt werden. Ziel ist eine Verbesserung des Verkehrsflusses und eine erhöhte Sicherheit. Außerdem soll die Mittelfläche des Kreisels nicht nur verkehrstechnisch sinnvoll, sondern auch ästhetisch ansprechend gestaltet werden.
Im Rahmen von INSPIRER können Bürger*innen mithilfe von VR-Brillen (und einer dazugehörigen VR-App) den für die Zukunft geplanten Kreisverkehr schon jetzt erleben und sich eine genaue Vorstellung davon machen, wie die Umgestaltung im fertigen Zustand aussehen wird. Die VR-Darstellungen sind realitätsnahe Modelle, die es erlauben, die Gestaltung der Kreiselmittelfläche und die Verkehrsführung zu „begehen“ und zu beobachten. Dadurch wird das Feedback der Bürger*innen differenzierter und zielgerichteter, was die Planer*innen in ihre Entscheidungen einfließen lassen können.
Die Entwicklung der VR-App erfolgte in drei Testphasen
Die VR-App wurde in drei Phasen direkt mit Bürger*innen in Fellbach getestet, um sie schrittweise zu verbessern:
Erster Test im Frühjahr 2023:
Die erste Version der VR-App wurde vorgestellt und ermöglichte es, die geplante Kreuzung virtuell zu erkunden. Besonders Funktionen wie das Platzieren von Objekten in der VR-Welt waren wichtig. So konnten die Bürger*innen zum Beispiel erste Ideen zur Gestaltung der Mitte des Kreisels einbringen.
Zweiter Test im Herbst 2023:
Der zweite Test fand direkt an der Kreuzung statt. Hier konnten die Teilnehmenden das virtuelle Modell mit der realen Umgebung vergleichen. Dies hat vielen geholfen, die geplanten Veränderungen besser zu verstehen und sich ein genaues Bild vom künftigen Kreisverkehr zu machen. Wieder gaben die Bürger*innen wertvolle Rückmeldungen, die in die nächste Version der App einflossen.
Dritter und letzter Test im April 2024:
In der finalen Version konnten die Tester*innen jetzt noch mehr Funktionen nutzen. Sie hatten Zugang zu einem Katalog, aus dem sie Objekte auswählen und in das Modell integrieren konnten. Zusätzlich war es möglich, dreidimensional zu zeichnen und so eigene Gestaltungsideen direkt in das Projekt einzubringen.
Die Ergebnisse des VR-Test sind wegweisend
Das VR-gestützte Konzept von INSPIRER fördert die Bürgerbeteiligung durch mehrere zentrale Effekte:
- Verbesserung des Verständnisses: Die geplante Umgestaltung einer Kreuzung kann kompliziert und abstrakt wirken. VR-Visualisierungen erleichtern es den Bürger*innen, sich den geplanten Kreisverkehr realitätsnah vorzustellen, inklusive Details wie Verkehrsführungen und Abbiegewege.
- Mitsprache bei der Gestaltung: Bürger*innen können Feedback zur geplanten Gestaltung der Kreiselmittelfläche geben. Die VR-Technologie ermöglicht es ihnen, verschiedene Vorschläge (z. B. Begrünung, Kunstinstallationen etc.) einzubringen, zu erleben und zu beurteilen, wie sich diese in das Stadtbild einfügen würden.
- Erleben von Veränderung: Bürger*innen sehen in der VR, wie sich die Verkehrsführung ändert und welche Vorteile sich durch die Umgestaltung in Bezug auf Sicherheit und Verkehrsfluss ergeben könnten. Dies ermöglicht ein besseres Verständnis für die Planungsgründe und reduziert potenzielle Widerstände.
Von dem Einsatz von VR-Technologie profitieren also sowohl Planer*innen als auch Bürger*innen: VR-gestützte Bürger*innenbeteiligung kann die Qualität städtischer Planungsprozesse steigern. Und dadurch, dass Bürger*innen aktiv in die Gestaltung von Infrastruktur und städtischem Umfeld einwirken können, werden Projekte künftig bürgernäher und praxisorientierter umgesetzt.
Das Projekt INSPIRER wird gefördert vom BMBF auf der Grundlage des Forschungsprogramms zur Mensch-Technik-Interaktion (MTI) TECHNIK ZUM MENSCHEN BRINGEN, Förderrichtlinie INTERAKTIVE SYSTEME IN VIRTUELLEN UND REALEN RÄUMEN – INNOVATIVE TECHNOLOGIEN FÜR DIE DIGITALE GESELLSCHAFT.